Zusammenfassung zu Al Ghasali - Das Elixier der Glückseligkeit
Selbsterkenntnis
Der Mensch besteht aus zwei Dingen, dem Leib und dem Herz (Geist, Seele). Das Herz ist geschaffen für die jenseitige Welt und seine Aufgabe ist das Suchen seiner Glückseligkeit. Seine Glückseligkeit aber besteht in der Erkenntnis Gottes.
Man kann sagen, dass in der Natur des Menschen vier Wesen zusammenwohnen. • ein Hund (fällt Menschen an mit der Hand und der Zunge) • ein Schwein (Leidenschaft und Gier nach schmutzigen und gemeinen Dingen) • ein Teufel (Trug, List, Verstellung, Verführung der Menschen) • ein Engel (Wissenschaft und frommen Wandel lieben, alles hässliche Tun meiden, nach Eintracht unter den Menschen streben, sich zu edel und hoch für schimpfliche Taten achten, sich freuen an der Erkenntnis Gottes in seinen Werken, sich schämen der Torheit und Unwissenheit)
Am Tag der Auferstehung wird es ans Licht kommen und die Gestalt wird dem Sinn entsprechen. Beobachte dich selbst in deinem Tun und Lassen und sieh zu, welchem von den vieren du gehorchst, und erkenne, dass durch jede Handlung, die du begehst, eine Eigenschaft in deinem Herzen entsteht, die darin bleibt und dich in die andere Welt begleitet.
Darum spricht der Gesandte Allahs (sallalahu alaihi wa sallam): "Lass auf jede schlechte Tat eine gute folgen, dass sie sie auslöscht."
So besitzt der Mensch alles, was den Raubtieren und dem Vieh gegeben ist, aber darüber hinaus ist ihm noch ein Vorzug gegeben: die Vernunft, mit der er Gott erkennen und Gottes wunderbares Wirken wahrnehmen und sich selbst von der Gewalt des Zornmutes und der Begierde befreien kann. Das aber ist die Eigenschaft der Engel, und durch diese Eigenschaft herrscht der Mensch über das Vieh und die Raubtiere, und sie sind ihm dienstbar samt allem, was auf Erden ist.
Im Inneren des Herzens gibt es noch ein Fenster der Erkenntnis. öffnet sich für uns in zweierlei Hinsicht: - Schlaf (Traum) - wahre Ahnungen und Eingebungen, die durch Eingebung in die Seele des Menschen treten
Das Herz ist nicht von dieser Welt, sondern aus der übersinnlichen. Die Sinne aber, die ihm für diese Welt anerschaffen sind, sind ihm für die Schau jener Welt hinderlich, und solange das Herz nicht frei von ihnen ist, kann es zu jener Welt den Weg nicht finden. Mache dich von allen Dingen los, gib dich ihm ganz hin und kümmere dich nicht um die Geschäfte dieser Welt, denn die wird Gott schon zum Rechten lenken. Der Mensch muss auch seine Unvollkommenheit und Ohnmacht und Armseligkeit erkennen. Denn auch diese Seite der Selbsterkenntnis ist ein Schlüssel zur Erkenntnis des höchsten Gottes.
Von der Freundschaft und Bruderschaft in Gott
Der Gesandte Gottes (s.a.w.s.) sagt: "Mit wem Gott Gutes vorhat, dem beschert er einen frommen Freund, der erinnert ihn, wenn er Gott vergisst, und hilft ihm, wenn er sich erinnert."
Die Arten der Liebe • dass du einen Menschen um seiner selbst willen liebst • dass man einen Menschen liebt, um durch ihn zu etwas anderem (außer ihm selbst) zu gelangen, als Mittel also zur Erreichung eines anderen geliebten Gegenstandes, wie wir ja das Mittel, das zum Geliebten führt, selbst zu lieben pflegen • dass man den anderen zwar nicht um seiner selbst willen, sondern um eines anderen Dinges willen liebt, dieses andere aber nicht in zeitlichen, sondern in ewigen Gütern besteht • dass einer nur liebt um Gottes willen und in Gott
Von dem Hass in Gott Jeder, der in Gott liebt, muss notwendig auch in Gott hassen. Denn wenn du einen Menschen liebst, weil er Gott gehorsam und lieb ist, so musst du ihn notwendig hassen, wenn er Gott ungehorsam und verhasst ist.
Pflichten der Freundschaft und Bruderschaft • die Pflicht der Hingabe von Hab und Gut • die Pflicht der Hilfeleistung mit der eigenen Person • die Pflicht der Zunge zu schweigen • die Pflicht der Zunge zu reden • die Pflicht, die Fehltritte zu verzeihen • die Pflicht der Fürbitte • die Pflicht der Treue und Aufrichtigkeit • die Pflicht, die Freundschaft leicht zu machen und alle Förmlichkeit und allen Zwang zu vermeiden
Pflichten gegen den Muslim
• dass du das, was du dir selber nicht wünscht, auch keinem Muslim wünscht • dass du keinen Muslim mit Hand und Mund kränkst • Du sollst dich über keinen Muslim hochmütig erheben, denn Gott hasst die Hochmütigen • Du sollst nicht auf das hören, was der Verleumder über einen Muslim sagt • Du sollst einem Menschen, mit dem du bekannt bist, nicht länger als drei Tage grollen • Du sollst jedermann, da, wo du kannst, Gutes tun und keinen Unterschied machen zwischen Guten und Schlechten • Du sollst die Alten ehren und zärtlich gegen die Kinder sein • Du sollst allen Muslimen ein fröhliches Gesicht zeigen und jedermann mit heiterer Miene begegnen • Du sollst keinem Muslim das gegebene Wort brechen • Du sollst jedem die Ehre erweisen, die seinem Stande zukommt • Du sollst danach trachten, Frieden zu stiften zwischen denen, die sich verfeindet haben • Du sollst die Fehler und Blößen der Muslime bedecken • Du sollst alles vermeiden, was zu einem Verdachte Anlass geben kann, damit das Herz der Muslime vor dem Schlechtdenken von anderen und ihre Zunge vor Verleumdung bewahrt bleibe. Denn jeder, der die Ursache für das Sündigen eines anderen wird, hat selbst teil an der Sünde. • Du sollst niemandem deine Fürsorge verweigern, wenn du bei jemand Geltung und Einfluss hast. • Wenn du weißt, dass ein Mensch einem Muslim in dessen Abwesenheit verleumdet oder nach seinem Gute trachtet, so sollst du für den Abwesenden eintreten und für ihn Antwort geben und jeden Übergriff von ihm abwehren. • Wenn du heimgesucht bist von den Umgang mit einem schlechten Menschen, so sollst du dich freundlich und höflich zu ihm stellen, um so seiner Bosheit zu entgehen, und nicht ins Gesicht grob zu ihm sein. • Du sollst mit den Armen Umgang pflegen und dich vor dem Verkehr mit den Reichen hüten. • Du sollst dich bemühen, das Herz des Muslims fröhlich zu machen, und ihm bei seinen Angelegenheiten behilflich sein. • Du sollst jeden, dem du begegnest, zuerst grüßen und ihm die Hand geben, ehe du ihn anredest. • Wenn einer niesen muss, so soll er sagen: "Gelobt sei Gott!". Dann soll der andere, der es hört, sagen: "Gott erbarme sich deiner!" und der Niesende soll erwidern: "Gott verzeihe mir und euch!" • Du sollst den kranken Muslim besuchen, auch wenn er nur dein Bekannter, nicht dein Freund ist. • Du sollst hinter der Leiche des Muslims hergehen. • Du sollst die Gräber der Toten besuchen und für sie beten und für dich selbst eine Mahnung daraus nehmen und daran denken, dass sie vorangegangen sind und du ihnen bald nachfolgen und da sein wirst, wo sie jetzt sind.
Von den Pflichten gegen den Nachbarn
Die Pflicht gegen den Nachbarn besteht nicht nur darin, dass du ihn nicht kränkst, sondern du sollst dem Nachbarn auch Gutes tun. Zur Pflicht gegen den Nachbarn gehört auch, dass du nicht vom Dach herab in sein Haus hineinsiehst; und wenn er Holz auf deine Mauer legt, sollst du ihn nicht daran hindern, ihm auch den Rinnstein nicht versperren und nicht zanken, wenn er Schutt vor dein Haus schüttet. Auch sollst du die Blöße bedecken, die du bei ihm gewahr wirst, und nicht heimlich über ihn reden und sollst den Blick vor den Frauen seines Hauses niederschlagen und seine Dienerin nicht viel betrachten. Alles dieses musst du beachten außer den Pflichten gegen alle Muslime, die wir aufgezählt haben.
Die Pflicht gegen die Anverwandten
Der Gesandte Gottes (s.a.w.s.) sagt: "Gott spricht: Wer es mit seinen Anverwandten hält, mit dem werde ich es auch halten. Wer langes Leben und Wohlergehen wünscht, der Sorge für das Wohl seiner Anverwandten."
Die Pflichten der Kinder gegen die Eltern
Das Recht der Eltern ist das allergrößte und die Beziehung zu ihnen die allerinnigste. Das Recht der Mutter ist doppelt so groß wie das Recht des Vaters.
Im allgemeinen ist zu sagen, dass die Rechte der Eltern größer sind als die der Kinder. Und wegen der Größe des Rechts der Eltern sind zwei Dinge zur unbedingten Pflicht gemacht worden. • Wenn Vater und Mutter dem Sohn eine Speise zu essen gebieten, die zweifelhaft, aber nicht schlechthin verboten ist, er nach Ansicht der meisten Rechtsgelehrten sie essen muss, denn der Eltern Zufriedenheit erwerben ist wichtiger als sich vor zweifelhaften Speisen hüten. • Man darf ohne Einwilligung von Vater und Mutter keine Reise unternehmen, es sei denn zur Erfüllung einer unerlässlichen Pflicht, wie die Erlernung des Gebets und der Fastenbestimmungen, wenn man daheim keinen Lehrer finden kann. Zur Pilgerfahrt aber darf man nicht ohne Einwilligung von Vater und Mutter aufbrechen, denn sie ist zwar unerlässliche Pflicht, doch ist es erlaubt, sie aufzuschieben.
Die Pflichten der Eltern gegen die Kinder Eine der Pflichten gegen die Kinder ist die, dass du sie nicht durch deine Härte selbst zum Ungehorsam treibst. Anas erzählt: "Der Gesandte Gottes (s.a.w.s.) sagt: Wenn der Knabe sieben Tage alt ist, so bringt das Haaropfer für ihn dar und gebt ihm einen Namen; wenn er sechs Jahre alt ist, so lehrt ihn gute Sitte; mit dem neunten Jahr lasst ihn auf getrenntem Lager schlafen; mit dem dreizehnten Jahr haltet ihn, wenn auch mit Schlägen, zum Gottesdienst an; ist er sechzehn Jahre alt geworden, so gebt ihm ein Weib." Ferner gehört es zu den Pflichten gegen die Kinder, dass du sie gleich hältst mit deinen Gaben und mit deinen Küssen und allem Guten, was du ihnen tust.
Die Pflichten gegen die Sklaven
Die Pflicht gegen den Sklaven besteht darin, dass du ihm an Nahrung und Kleidung nicht fehlen lasst, nicht mit Hochmut auf ihn herabsiehst, sondern bedenkst, dass auch er ein Mensch ist wie du. wenn er aber einen Fehler begeht, so sollst du an die Fehltritte und Vergehen denken, die du dir selbst gegen Gott zuschulden kommen lässt. Und wenn du auf ihn zornig bist, so sollst du an die Macht denken, die Gott über dich hat. Denn die MachtGottes über dich ist größer als deine Macht über deinen Sklaven.
Von der Liebe
Die Liebe zu Gott ist die höchste der Stationen, ja das eigentliche Endziel aller Stationen. Der Gesandte Allahs (sallalahu alaihi wa sallam) sagt: "Niemand ist gläubig, ehe er Gott und seinen Gesandten mehr liebt als alles außer ihnen."
Liebe ist nur denkbar nach einer Erkennung und Wahrnehmung, denn der Mensch kann nur das lieben, wovon er Kenntnis hat. Die Lust der fünf Sinne hat der Mensch mit den Tieren gemein. Das innere Gesicht aber ist stärker als das äußere und das Herz stärker im Wahrnehmen als das Auge. Daher muss notwendig die Lust des Herzens an den erhabenen göttlichen Gegenständen, die es erschaut und die zu gewaltig sind, als dass die Sinne sie wahrnehmen könnten, vollkommener und größer und die Neigung der gesunden Natur und Vernunft zu ihnen stärker sein. Denn Liebe bedeutet nichts anderes als Hinneigung zu dem, dessen Wahrnehmung Lust bereitet. So kann also die Liebe zu Gott nur der leugnen, der auf der Stufe der Tiere zurückgeblieben ist und über die sinnliche Wahrnehmung nicht hinausgelangt ist.
erste Ursache der Liebe: Die erste Liebe jedes lebendigen Wesens ist es selbst und das eigene Ich. So wie nun die Erhaltung des Daseins geliebt wird, so wird auch die Vollkommenheit des Daseins geliebt. So ist also der erste Geliebte des Menschen er selbst, dann das Heil seiner Glieder, dann seine Habe, seine Kinder, seine Sippe und seine Freunde. Der Mensch liebt diese Dinge nicht nur um ihrer selbst willen, sondern weil für ihn das Gut der Erhaltung und der Vollkommenheit des Daseins daran geknüpft sind.
zweite Ursache der Liebe: ist das Empfangen von Wohltaten. Auch diese Liebe geht auf die erste Ursache zurück, denn der Wohltäter trägt ja mit Geld und Gut und sonstigen Mitteln zur Erhaltung und Vollkommenheit des Daseins und zur Erlangung der Güter, die das Dasein ermöglichen, bei. Im Unterschied zur ersten Ursache verkörpert aber der Wohltäter die gewünschte Vollkommenheit nicht selbst, sondern vermittelt sie nur (Bspl.: Gesundheit – 1.Ursache, Arzt-2.Ursache) Wer den Wohltäter liebt um seines Wohltuns willen, der liebt in Wirklichkeit gar nicht ihn, sondern seine Wohltat, d.h. also eine bestimmte Art des Handelns von ihm. Wenn dieses Handeln aufhört, so hört auch die Liebe auf.
dritte Ursache der Liebe: besteht darin, dass man etwas liebt um dessen selbst willen, nicht um eines anderen Gutes willen, das man von ihm zu erlangen hofft, sondern so, dass der Gegenstand der Liebe selber das erstrebte Gut verkörpert. Das ist die echte große Liebe, auf deren Dauer man bauen kann.
vierte Ursache der Liebe: Das ist die Liebe zur Schönheit, denn alle Schönheit wird geliebt von dem, der sie wahrnimmt, und zwar um dieser Schönheit selbst willen.
Vom Wesen der Schönheit: Das, was die Menschen zumeist Schönheit nennen, ist die Schönheit, die man mit dem Auge sehen kann. Das ist aber ein offenbarer Irrtum. Denn die Schönheit ist nicht beschränkt auf das, was das Auge wahrnimmt. Die wahre Schönheit eines Dinges besteht darin, dass die seinem Wesen entsprechende und ihm mögliche Vollkommenheit an ihm in Erscheinung tritt. Die Schönheit findet sich auch an Dingen, die nicht mit den Sinnen wahrnehmbar sind, z.B.: schöne Gesinnung, schöne Wissenschaft, Lebensführung, Gelehrsamkeit, Tapferkeit, Frömmigkeit, Edelmut, Ritterlichkeit, ... Keine dieser Eigenschaften wird mit den fünf Sinnen wahrgenommen, sondern nur mit dem Licht des inneren Gesichts. Ein Zeichen dafür, dass es sich so verhält, ist die Tatsache, dass dem menschlichen Herzen eine natürliche Liebe zu den Propheten und ihren Genossen und ebenso zu den Stiftern (Schafii, Abu Hanifa,..), obwohl das Auge jene Männer doch nicht sehen kann. er liebt ihn wegen seiner inneren Eigenschaften, wegen seines Glaubens, seiner Frömmigkeit, seiner großen Gelehrsamkeit, seiner Beherrschung der Quellen der Religionslehre und weil er aufstand, die Wissenschaft des heiligen Gesetzes zu lehren und soviel Gutes in der Welt zu stiften. So ist also die Liebe des Menschen nicht beschränkt auf den, der ihm wohltut, sondern der Wohltuende wird schon als solcher geliebt, auch wenn seine Wohltat niemals den Liebenden erreicht. Denn alle Schönheit wird geliebt, und es gibt eine äußere und eine innere Gestalt, welchen beiden die Eigenschaft der Schönheit zukommen kann. Die äußere Gestalt wird von dem äußeren Gesicht wahrgenommen, die innere Gestalt von dem inneren Gesicht.
die fünfte Ursache der Liebe: ist die verborgene innere Verwandtschaft zwischen dem Liebenden und dem Geliebten.
Alle diese fünf Ursachen finden sich in der Vollkommenheit nur bei Gott zusammen, so dass in Wahrheit nur Gott, der Erhabene, der Liebe würdig ist. Nur Gott allein ist der Liebe würdig, und wer etwas außer ihm liebt, aus einem anderen Grunde als um seiner Beziehung willen zu ihm, der tut es aus Unwissenheit und Mangel der Erkenntnis Gottes.
Zufriedenheit ist eine Frucht der Liebe und ist eine von den höchsten Stufen derer, die Gott nahe sind. Wer die verborgene Güte Gottes erkennt, der ist zufrieden mit dem, was er tut, in allen Lagen. Die Zufriedenheit mit dem, was dem eigenen Begehren zuwider ist, ist nicht unmöglich, sondern sie ist eine wichtige Station auf dem Weg der Frommen. Man soll sich all der Mittel bedienen, wie es geboten ist, um Schlimmes abzuwenden. Dann aber, wenn dies Gebot erfüllt ist, soll man mit dem zufrieden sein, was Gott beschließt, und wissen, dass darin das Heil besteht.