...außer wer zu Allah mit heilem Herzen kommt (Sure 26, 89)
Ein heiles Herz... Das ist das Einzige, was mich an jenem schlimmen Tag, der da auf uns alle wartet, noch rausreißen kann. Nicht die Gebete, die ich in scha Allah alle verrichtet habe, nicht die Fastentage, nicht der Hajj... Auch nicht das Wissen, das ich mir über die Jahre vielleicht angeeignet habe, nicht mal all die Wunden, die so mancher Mujahid um Allahs willen abbekommen hat... Nein, allein ein heiles Herz. Warum ich in Frage stelle, dass sämtliche Gebete, Fastentage, Hajj und sonstige verdienstvolle Taten womöglich nicht ausreichen, mich in die Janna zu bringen? Also abgesehen natürlich davon, dass jedem von uns der Eintritt eh nur allein durch Allahs Gnade gewährt wird! Nun, im Zuge meiner „Gedanken zu einer in scha Allah heilsamen Angst“ ist mir sehr plötzlich sehr klar geworden, dass zwar ein Sünder, zumindest ein Sünder, der ehrlich und von ganzem Herzen bereut, alle Chancen hat, dass Allah seine Reue annimmt und ihm irgendwann erlauben wird, Tauba zu machen. Ihm also erlaubt, sein Leben komplett zu ändern. Dass aber ein frommer Mensch, der Zeit seines Lebens wirklich fromm war und sich keine der großen Sünden je zu Schulden kommen lassen hat, nicht unbedingt automatisch das beste Ende nehmen muss. Schließlich ist jedem Trinker unter uns absolut klar, dass er sündigt, klar also auch, wie er so etwa vor seinem Schöpfer dasteht. Er hat einen klaren Maßstab für sein Verhalten, und er verstößt dagegen ganz offensichtlich, wird noch dazu sicher immer mal wieder auch mahnend von gutmeinenden Brüdern darauf hingewiesen. Doch wo ist der Maßstab für einen frommen Menschen, ob aber auch sein Herz tatsächlich noch so rein ist, wie er es wahrscheinlich meint? Wie sicher kann er sich dessen sein? Heißt es nicht schließlich, dass unter denen, die zuerst der Hölle überantwortet werden, ein Imam, ein Schahid und ein Gelehrter sein werden? Allahu Akbar! Und das, was sich entgegen allem doch eindeutig scheinenden äußeren Anschein so verheerend zwischen sie und ihren Eintritt ins Paradies schieben könnte – was ist das? Es ist doch gerade das Laster der Selbstgefälligkeit! Das Streben danach, von anderen Menschen positiv wahrgenommen, gelobt zu werden... Und zumindest bei dem Imam und dem Gelehrten wird es sich um genau solche Menschen handeln: Um Menschen, die ihr Leben lang ihre islamische Praxis sorgsam gepflegt und viel Zeit über Büchern und in der Moschee verbracht haben. Um Menschen, die sich von sämtlichen (zumindest größeren) Sünden, gewissenhaft ferngehalten haben. Ja, Selbstgefälligkeit ist etwas sehr Vertracktes. Denn schnell ist’s geschehen. Bei einem frommen Menschen eben gerade dann, wenn er im Großen und Ganzen einen unbescholtenen Lebenswandel vorweisen kann. Dann nämlich, wenn er schlicht vergisst, dass es immerhin doch Er ist, sein Schöpfer, Der ihm einen solchen Lebenswandel ermöglicht, Der ihn die Regeln hierfür überhaupt erst gelehrt und ihm die notwendigen Fähigkeiten mitgegeben hat... Dann, wenn er zu der nach und nach sich verfestigenden Meinung gelangt, dass er bestimmt das Paradies mehr als verdient hätte, weil er doch im Prinzip alles machte, was erforderlich wäre. Oder sich zumindest von allem fernhielte, was ihn womöglich für immer aus dem Paradies aussperren würde. Und der Jihad gegen das eigene, unerbittlich sich aufbäumende Ego mit seinen zahlreichen und jeweils individuellen Krankheiten ist wahrlich schon anstrengend genug! Er kostet unglaublich viel Kraft! Sofern man sich immerhin durch Gottes Gnade seiner Notwendigkeit überhaupt erst bewusst wird. AlhamdulIllah für den Fall, dass es so wäre! Das Schlimme jedoch ist – und hier komme ich nun zu dem eigentlichen Thema: Lob – dass es leider oft andere sind, die diesem unerbittlich sich aufbäumenden Ego viel zu oft viel zu leichtfertig sehr nahrhafte Kost verabreichen und es dadurch umso schneller anwachsen lassen. Oft sind es andere, teils ja durchaus gutmeinende Mitmenschen/ Geschwister, die irgendwann einmal durch irgendeine Bemerkung am Rande womöglich dazu beigetragen haben, dass man sich selbst plötzlich mit so viel wohlwollenderen Augen ansähe als noch zuvor. Denn wenn man geliebt wird, wird man in der Regel auch bewundert – sei es für das gute Aussehen, den guten Charakter, die Intelligenz oder auch sonstige „Tugenden“. Und Bewunderung bleibt meistens nicht stillschweigend. Irgendwann bricht sie sich Bahn. Zum Beispiel durch eine verhohlen oder unverhohlen bewundernde Aussage: „Ach, was wäre ich gerne so intelligent wie du...!“ Oder: „Was für eine tolle Figur du hast...!“ Nun, für seine tolle Figur bewundert zu werden, ist allenfalls für solche eine „moralische“ Gefahr (in dem Sinne, dass es sie charakterlich negativ beeinflussen könnte), die dem Äußeren generell überhaupt einen Wert beimessen. Solche gibt es sicher noch genug. Die Gefahr darin, für seine Intelligenz bewundert zu werden wiederum, ist schon etwas akuter, da natürlich jeder gerne intelligent wäre. Wirklich fatal wird es aber nun, wenn Muslime anfangen, sich gegenseitig für ihre guten Charaktereigenschaften zu bauchpinseln: „Ma scha Allah, so eine Aufrichtigkeit!“ Oder: „Ma scha Allah, wie bescheiden du bist!“ Oder: „Ma scha Allah, was für einen starken Glauben du hast!“ Allahu Akbar! Vor den bekannten und unter Muslimen allseits gefürchteten schmerzvollen Auswirkungen des bösen Blicks hat man den mit solchen Worten Bedachten immerhin durch das „ma scha Allah“ geschützt! Wenigstens das, in scha Allah! Und doch... Es sind diese Aussagen, getätigt sicherlich – davon sollte man in unseren Kreisen natürlich immer ausgehen – mit bester Absicht, in Wahrheit jedoch aus einer schreienden Unwissenheit über ihre fatalen Folgen heraus, die einem frommen Gottesdiener förmlich das Genick brechen. Und in genau dieser drastischen Form formulierte es unser lieber und weiser Prophet Muhammad (s.a.s.). Als ein Mann in seiner (s.a.s.) Gegenwart einen anderen überschwänglich lobte, fuhr er (s.a.s.) ihn an: „Wehe dir! Du hast deinem Gefährten das Genick gebrochen! Du hast deinem Gefährten das Genick gebrochen!“ (Dies sagte er (s.a.s.) mehrmals.) „Wenn jemand schon unbedingt seinen Bruder loben muss, soll er sagen: ‚Ich halte Soundso für soundso, und Allah ist sein Abrechner. Ich hebe niemanden vor Allah als besonders gut hervor.‘ Und dies auch nur, wenn er diese Eigenschaft wirklich von ihm weiß!“ (Bukhari u.a.) Unter anderem bei Abu Dawud gibt es in einer anderen, allerdings schwachen Überlieferung derselben Begebenheit noch den Zusatz: „Du hast ihm sein Genick gebrochen. Hätte er deine Worte gehört, würde er keinen Erfolg (mehr) haben.“
Hierzu folgende erläuternde Ausführungen: Zum einen ist der erste Ausruf, den Muhammad (s.a.s.) ausstieß – in der Übersetzung leider nur wiedergegeben durch „wehe dir“ – eine Drohung mit einem Fluss auf dem tiefsten Grund der Hölle, dessen Name al-Wail ist (zu Allah ist die Zuflucht)! Es bedeutet also: Für das, was du sagst, sei dir al-Wail, nämlich der tiefste Grund der Hölle, bestimmt! Allah! Allein dass der Prophet (s.a.s.) es für nötig hielt, einem seiner Gefährten, dieser immerhin erlesenen Auswahl unter den Menschen (Allahs Wohlgefallen auf ihnen allen), eine solch drastische Drohung auszustoßen, sollte zu denken geben! Denn natürlich steht die Drohung für die Größe des Vergehens! Rufen wir uns nun noch einmal vor Augen, um was für ein Vergehen es sich aber handelt: Es handelt sich doch um ein Lob. Ausgesprochen womöglich aus tiefster und ehrlichster Bewunderung! Was kann dann aber bloß so schlimm daran sein, jemanden zu loben? Nun, Muhammad (s.a.s.) erklärt es direkt im Anschluss, sogar mehrmals: „Du hast deinem Gefährten das Genick gebrochen!“ Wenn ein Mensch sich das Genick bricht, ist er bestenfalls für den Rest seines Lebens gelähmt, schlimmstenfalls aber auch direkt tot. Inwiefern könnte aber nun ein Lob – und ich wiederhole: ein von ganzem Herzen ehrlich gemeintes Lob – denn eine solch fatale Auswirkung haben? Ganz einfach und wie bereits erwähnt: Lobende Worte schleichen sich nach und nach ins Herz ein und lassen das Ego des Gelobten wachsen und an Raum gewinnen. Je nachdem nun, wie weit dieser in seinem Jihad gegen das eigene Ego fortgeschritten ist, mag er sich in einem ersten Anlauf vielleicht noch dagegen behaupten, mag er das Lob abwehren und einfach links liegen lassen können. Aber der eine Moment der Schwäche, wo man plötzlich dann doch offen dafür ist, der kommt bestimmt! Umso eher, je öfter man Ähnliches von den unterschiedlichsten Leuten gesagt bekommt! Wir müssen uns also unbedingt klarmachen, dass unsere Worte womöglich dazu beitragen, dass ein von uns lobend erwähnter Mensch für seine von uns bewunderte Eigenschaft im schlimmsten Fall nie mehr Hassanat sammeln wird, die er am Jüngsten Tag geltend machen könnte... Weil wir es waren, die seinem unerbittlich sich aufbäumenden Ego Nahrung geboten und ihm damit seinen Jihad unnötig erschwert haben! Einen Jihad, der eben, wie gesagt, auch ohne unsere Beihilfe schon anstrengend genug ist und kein Ende nimmt. Da könnten wir ihm im Prinzip den Genickstoß besser gleich direkt verpassen!
Zum Beispiel mag es sein, dass jemandem gar nicht klar wäre, dass er etwa bescheiden ist. Denn was ist Bescheidenheit nicht auch ihrem wahren Wesen nach? Es ist doch die Tatsache, sich für gar nichts Besonderes zu halten, obwohl man vielleicht doch etwas „Besonderes“ ist bzw. zumindest von anderen dafür gehalten wird. Als bescheiden würde es unter anderem gewertet, wenn man einen Millionär, der selber zig Bedienstete hat, auf einer Party einem Kellner helfen sähe, die Scherben von dem Glas zusammenzukehren, das dieser gerade fallen lassen hat. Es mag nun sein, dass der Millionär sich dieser seiner Bescheidenheit gar nicht bewusst wäre, weil er trotz seines beruflichen Erfolges, der ihn zum Millionär gemacht hat, immerhin noch so weit auf dem Teppich geblieben wäre zu wissen, dass eine solche Hilfsbereitschaft eigentlich eine ganz normale, freundliche Reaktion ist, die jeder halbwegs gut erzogene Mensch in so einer Situation zeigen sollte. Und erst dadurch, dass dann jemand zu ihm käme und sich darüber freute, wie bescheiden er doch sei, würde ihm dann bewusst, dass es in „seinen Kreisen“ offensichtlich gar nicht mehr so normal ist. Dass es eigentlich „unter seinem Niveau“ ist – wofür hat er schließlich Bedienstete? (Mal ganz abgesehen davon, dass man ihn in solchen Kreisen kaum dafür loben, sondern eher dafür tadeln würde, sich so weit herabgelassen zu haben...) Allein eine solche mal eben nebenbei dazwischen geworfene Bemerkung wird notwendigerweise ihre Wirkung tätigen. Nicht unbedingt sofort. Aber sicher in der nächsten stillen Minute, in der besagter Millionär den Abend noch einmal Revue passieren lässt. Und wie auch immer seine erste innerliche Reaktion aussehen mag – ob er sich ärgert (über die Bemerkung, über sich selbst...) oder sich vielleicht freut – ganz unweigerlich weiß er aber nun, dass er als bescheiden, oder im schlimmeren Fall eben als zu bescheiden wahrgenommen wurde. Und genau in dem Moment hört die wahre Bescheidenheit auf. Denn ab sofort handelt es sich nicht mehr um ein unbewusstes, als selbstverständlich angesehenes Verhalten, sondern nun weiß er, wie es von anderen Leuten gesehen wird. Und wenn es auch zunächst einmal nur deren Wahrnehmung ist – noch nicht unbedingt die eigene – wird es sich über kurz oder lang nicht vermeiden lassen, dass er sie übernimmt. Und schon ist das Herz nicht mehr ganz so rein... Ein einziges, flüchtig daher gesagtes Wort hat einen Samen ins Herz gepflanzt, der seine Wurzeln schon geschlagen hat, bevor man ihn überhaupt wahrnimmt. Wie viel mehr dann wohl das Lob einer liebenden Schwester, eines liebenden Bruders, die einen einfach nur für eine bestimmte Eigenschaft ehrlich bewundern und dieser Bewunderung meinen, unbedingt Ausdruck verleihen zu müssen?! Teilweise noch dazu überaus wortreich?! Diese Wurzeln wieder auszureißen, das ist schier unmöglich. Das Äußerste, was einem dann noch bleibt zu tun, ist regelmäßig Unkraut zu jäten, welches leider bekanntlich nicht vergeht... Hier wurde die ursprüngliche Reinheit an einem bestimmten Fleckchen Herzen, welches ja noch genügend andere, von sich aus schon weniger reine Flecken hat, ausgerechnet durch die Worte eines liebenden Mitmenschen beschmutzt! Und wie wenig sind wir uns der Folgen dessen tatsächlich bewusst?!
Untersuchen wir nun den Wortlaut des Hadithes weiter: Wie gesagt gibt es nach diesem Ausruf laut einer schwachen Überlieferung den Zusatz: „Hätte er deine Worte gehört, würde er keinen Erfolg (mehr) haben.“ Nach den obigen Ausführungen dürfte klar geworden sein, welcher Art sein Misserfolg sein wird – nämlich in dem Fall, dass der Samen Wurzeln schlüge – und bei wem würde er es nicht – sämtliche seiner guten Taten nur noch in seinem irdischen Leben für sich und die Leute verbuchen zu können, nicht aber mehr für sein jenseitiges Konto, aus reinem Herzen heraus, im Streben nach Allahs Wohlgefallen. Könnte es einen schlimmeren Verlust geben, als am Jüngsten Tag feststellen zu müssen, dass alle Gebete, alles Fasten, ja, alle guten Taten nichts, aber auch wirklich gar nichts wert waren? Jedenfalls nicht für den jenseitigen Werdegang, denn im irdischen Leben hatte man ja immerhin das Wohlwollen und die Bewunderung der Leute auf sich ruhen. Allah bewahre!
Weiterhin geht aus diesem Wortlaut hervor, dass der Gelobte selbst offenbar nicht anwesend war. Wenn nun die Reaktion des Propheten (s.a.s.) dennoch eine so heftige war, stellen sich zwei Fragen, die erste rein rhetorischer Natur: Wie wäre sie wohl erst gewesen, wäre der Gelobte dabei gewesen? Und zweitens: Warum war sie überhaupt so heftig, denn wenn der Betroffene doch gar nicht dabei war, hat sich doch auch dementsprechend sein Ego gar nicht erst regen können? Hierzu kann ich nur eine Vermutung anstellen, ohne Gewähr auf Richtigkeit: Wenn auch dieses Lob nicht von dem Gelobten selbst gehört wurde, so doch von allen anderen Anwesenden. Und das erzeugt in der Runde eine gewisse Erwartungshaltung ihm gegenüber, wann immer sie ihm begegnen. Jede Erwartungshaltung wird in der Regel auf derzeit empirisch noch nicht nachvollziehbare Weise bestätigt. Da es sich nun aber nicht um eine bloße Information, sondern um ein überschwängliches Lob gehandelt hat, schwingen in dieser Erwartung gleich hohe Emotionen mit, die sich wiederum auf die betreffende Person übertragen. Und dementsprechend käme es womöglich auf das Gleiche heraus, ob diese nun mit eigenen Ohren hörte, oder ob man ihr von allen Seiten mit ein und derselben hohen Erwartungshaltung begegnete... Und Allah weiß das besser. In jedem Fall sollte ganz klar und deutlich geworden sein, dass es besser ist, nicht zu loben – weder in An- noch in Abwesenheit der betreffenden Person. Auch die darauf folgende Anweisung spiegelt das wider: „Wenn jemand schon unbedingt seinen Bruder loben muss, soll er sagen...“ Sprich: Besser ist es, ihn nicht zu loben. Aber wenn es schon unbedingt sein muss, dann bitte nur mit folgenden Worten...
Angesichts der nun in scha Allah zur Genüge dargestellten Auswirkung einer jeglichen Lobhudelei, und um mit den Worten des Propheten (s.a.s.) zu sprechen: Wehe uns, uns sei der tiefste Grund der Hölle bestimmt, sollten wir nach diesen Ausführungen noch ein einziges Mal einen unserer Geschwister (aus unserem direktem Umfeld oder auch aus dem Fernsehen oder anderen Medien) vor anderen für ihre guten Eigenschaften, Frömmigkeit oder Sonstiges loben! Geschweige denn, es ihnen ins Gesicht zu sagen! Schließlich wollen wir doch ganz gewiss nicht daran Schuld sein, ihnen das Genick gebrochen zu haben?! Nämlich dadurch, die Reinheit ihres Herzens womöglich beschmutzt zu haben?! Und wenn wir schon nicht an uns halten können, dann unbedingt so, wie unser lieber Prophet (s.a.s.) es uns als Schutz vor diesen schlimmen Folgen gelehrt hat: „Ich halte Soundso für soundso, und Allah ist sein Abrechner. Ich hebe niemanden vor Allah als besonders gut hervor.“ Aber lieber lassen wir es ganz bleiben! Möge Allah sowohl uns selbst als auch all unseren Geschwistern, mit denen wir zu tun haben, die Weisheit schenken, die Gefahr von Lob zutiefst zu verinnerlichen und genauso vor ihr zurückzuschrecken, wie wir vor al-Wail zurückschrecken würden, sollten wir seiner jemals ansichtig werden – Allah bewahre! Amin! Amin! Amin!
Nachtrag: Im Nachhinein fällt mir noch ein weiterer Aspekt auf: Und zwar werden wir bekanntlich vehement davor gewarnt, über einen Menschen in seiner Abwesenheit schlecht zu reden. Es wird von Allah Höchstpersönlich in Sure 49, 12 mit kannibalistischer Leichenschändung verglichen, nämlich damit, Fleisch seines toten Bruders zu essen. Widerwärtiger kann man es nun wahrlich nicht mehr beschreiben! In jedem Fall ist dies aber eine Thematik, die hinreichend bekannt und gerade unter Frauen immer wieder neu besprochen und behandelt wird. Oben im Gegenzug wird aber nun beinahe noch vehementer davor gewarnt, einen Mitmenschen in seiner Abwesenheit zu loben, also Gutes über ihn zu äußern. Leider eine Thematik, die noch lange nicht auch nur annähernd denselben Bekanntheitsgrad erlangt hat. Während sie doch in Wahrheit noch weit, weit fataler ist und viel schlimmere Folgen hat als die Lästerei. Denn: Bei aller Widerwärtigkeit der Lästerei – den Preis dafür, den bezahlt der Lästerer, nicht das Opfer! Und zwar im Jenseits! Er hat dafür Minuspunkte gesammelt, die am Jüngsten Tag zum Tragen kommen werden. Seinem Opfer hingegen – wie hat er ihm geschadet? Doch nur in seinem irdischen Leben. Dadurch, ihn in seinem Ansehen womöglich herabgesetzt zu haben. (Was ja schon schlimm genug ist!) Während er aber doch im Jenseits dementsprechend dafür entschädigt wird! Das Lob hingegen, das schadet dem Gelobten nicht in dieser Dunia, nein! Ganz im Gegenteil: Es hebt ja sein Ansehen und seinen Beliebtheitsgrad! Nein, ein Lob schadet ihm womöglich in seiner Akhira! Durch oben ausführlich beschriebene Wirkung – so sie denn eintrat... Das heißt, den Preis bezahlt allein er. Allah! Vor diesem Hintergrund spätestens sollte diese Thematik mal sicherlich eine nicht minder wichtige Rolle in sämtlichen Durus einnehmen wie das Thema des Lästerns!
Allah sei Dank gibt es ein Dua, was wir sprechen können, wenn es uns einmal treffen sollte... dieses tödlichste aller Gifte: „O Allah, belange mich nicht für das, was sie sagen, vergib mir das, was sie nicht wissen, und mach mich besser als das, was sie vermuten.“ Wenn dieses Dua auch keines ist, welches uns unser lieber Prophet (s.a.s.) selbst gelehrt hätte, (teils wird es Abu Bakr (r.a.) zugeschrieben, aber auch das scheint nicht gewiss zu sein), so ist es dennoch ein Dua, welches ja auf keinen Fall schaden kann. Ganz bestimmt nicht, wenn es mit vor den wahrhaft tödlichen Folgen des Lobes zitterndem Herzen an Den gerichtet wird, Der doch droht, denjenigen, Der Seine Größe mit Ihm teilen will, zu zerteilen!